Die Realität zum Kopierschutz

gfc

Schönwetter Camping-Prophet
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Quelle: http://www.heise.de/ct/05/14/003/

=============
Hollywoods Gesetze

(Heim-)Cineasten wissen längst, dass Hollywood-Streifen bestimmten Gesetzen unterliegen, an denen niemand rüttelt. So schaltet der Held des Films abends in der Küche keine Deckenbeleuchtung an, sondern begnügt sich mit dem Lichtschein aus dem Kühlschrank; als Fahrer einer deutschen Luxuslimousine bleibt er selbst bei spektakulären Unfällen bis auf kleinere Blessuren unversehrt (sonst würden BMW & Co keine Autos zur Verfügung stellen) und arbeitet als Guter natürlich mit einem Apple-Rechner. Die Fieslinge sind PC-User und stets so dämlich, dass sie den Helden nicht einfach bei erstbester Gelegenheit um die Ecke bringen, sondern ihm vorher ausführlich ihren teuflischen Plan erklären. Als gerechte Strafe finden sie ihren Filmtod in amerikanischen oder asiatischen Billigautos.

Auch außerhalb des Kinosaals scheinen die Filmstudios Regeln aufzustellen, an die sich alle halten müssen. "Hollywood zwingt uns dazu", ist die gängige Erklärung, wenn deutsche Studios DVDs ohne englischen Originalton oder mit Zwangsuntertiteln auf den Markt bringen, Video-on-Demand-Angebote nicht ohne digitales Rechtemanagement (DRM) auskommen oder der kommende Premiere-HDTV-Receiver auf Anweisung des Pay-TV-Senders seinen analogen HD-Ausgang abschaltet. Sicher nicht zum letzten Mal gehört haben wir es von ATIs Pete Levinthal, als der auf der Entwicklerkonferenz WinHEC erklärte, es werde HDTV-Wiedergabe auf dem Computer künftig nur noch mit straffem Rechtemanagement geben - oder gar nicht.

Die amerikanische Rundfunk-Regulierungsbehörde wollte die Hollywood-Regeln sogar in Gesetzesform gießen: Ab dem 1. Juli sollten in den USA nur noch Digital-TV-Empfänger und Media-Center-Programme verkauft werden dürfen, die auf das im Digital-TV-Datenstrom mitgesendete "Broadcast Flag" reagieren. Gekennzeichnete TV-Sendungen wären dann nur noch verschlüsselt auf der Festplatte gelandet. So sollte ihre Weiterverbreitung verhindert werden.


Als das Broadcast Flag im letzten Moment gerichtlich gestoppt wurde, hätten sich nach simpler Film-Logik neben den klagenden Bürgerrechtsorganisationen auch die Hersteller besagter Media-Center-Programme freuen müssen. Immerhin sparen sie Entwicklungskosten und Lizenzgebühren für das Rechtemanagement und müssen sich nicht mit genervten Anwendern herumplagen. Doch weit gefehlt: In einem Vieraugengespräch sehnte ein Vertreter eines großen Software-Anbieters das Inkrafttreten des Gesetzes geradezu herbei. Schließlich stelle der US-Staat im Namen Hollywoods mit der Broadcast-Flag-Regelung endlich die lästig gewordene Open-Source-Konkurrenz kalt. Da Hobby-Programmierer die Kosten für ein sicheres Rechtemanagement nicht tragen könnten, würden sie beim weiteren Vertrieb ihrer Media-Center-Software automatisch zu Gesetzesbrechern, teilte er mir freudestrahlend mit.

Kurz vor der Gerichtsentscheidung gab die Firma dann eine offizielle Pressemitteilung heraus, in der sie verkündete, dass ihre Software nun auch Kopierschutzmechanismen enthalte. Kritiker wurden gleich darauf hingewiesen, dass man DRM nur auf Druck der Rechteinhaber unterstützte - Hollywood zwinge halt dazu. Tja, außerhalb des Kinos lassen sich Gut und Böse eben nicht so einfach auseinander halten ...

Nico Jurran
===============

Denkt mal ein wenig drüber nach....
 

gfc

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(Heim-)Cineasten wissen längst, dass Hollywood-Streifen bestimmten Gesetzen unterliegen, an denen niemand rüttelt. So schaltet der Held des Films abends in der Küche keine Deckenbeleuchtung an, sondern begnügt sich mit dem Lichtschein aus dem Kühlschrank; als Fahrer einer deutschen Luxuslimousine bleibt er selbst bei spektakulären Unfällen bis auf kleinere Blessuren unversehrt (sonst würden BMW & Co keine Autos zur Verfügung stellen) und arbeitet als Guter natürlich mit einem Apple-Rechner. Die Fieslinge sind PC-User und stets so dämlich, dass sie den Helden nicht einfach bei erstbester Gelegenheit um die Ecke bringen, sondern ihm vorher ausführlich ihren teuflischen Plan erklären. Als gerechte Strafe finden sie ihren Filmtod in amerikanischen oder asiatischen Billigautos.

Auch außerhalb des Kinosaals scheinen die Filmstudios Regeln aufzustellen, an die sich alle halten müssen. "Hollywood zwingt uns dazu", ist die gängige Erklärung, wenn deutsche Studios DVDs ohne englischen Originalton oder mit Zwangsuntertiteln auf den Markt bringen, Video-on-Demand-Angebote nicht ohne digitales Rechtemanagement (DRM) auskommen oder der kommende Premiere-HDTV-Receiver auf Anweisung des Pay-TV-Senders seinen analogen HD-Ausgang abschaltet. Sicher nicht zum letzten Mal gehört haben wir es von ATIs Pete Levinthal, als der auf der Entwicklerkonferenz WinHEC erklärte, es werde HDTV-Wiedergabe auf dem Computer künftig nur noch mit straffem Rechtemanagement geben - oder gar nicht.

Die amerikanische Rundfunk-Regulierungsbehörde wollte die Hollywood-Regeln sogar in Gesetzesform gießen: Ab dem 1. Juli sollten in den USA nur noch Digital-TV-Empfänger und Media-Center-Programme verkauft werden dürfen, die auf das im Digital-TV-Datenstrom mitgesendete "Broadcast Flag" reagieren. Gekennzeichnete TV-Sendungen wären dann nur noch verschlüsselt auf der Festplatte gelandet. So sollte ihre Weiterverbreitung verhindert werden.


Als das Broadcast Flag im letzten Moment gerichtlich gestoppt wurde, hätten sich nach simpler Film-Logik neben den klagenden Bürgerrechtsorganisationen auch die Hersteller besagter Media-Center-Programme freuen müssen. Immerhin sparen sie Entwicklungskosten und Lizenzgebühren für das Rechtemanagement und müssen sich nicht mit genervten Anwendern herumplagen. Doch weit gefehlt: In einem Vieraugengespräch sehnte ein Vertreter eines großen Software-Anbieters das Inkrafttreten des Gesetzes geradezu herbei. Schließlich stelle der US-Staat im Namen Hollywoods mit der Broadcast-Flag-Regelung endlich die lästig gewordene Open-Source-Konkurrenz kalt. Da Hobby-Programmierer die Kosten für ein sicheres Rechtemanagement nicht tragen könnten, würden sie beim weiteren Vertrieb ihrer Media-Center-Software automatisch zu Gesetzesbrechern, teilte er mir freudestrahlend mit.

Kurz vor der Gerichtsentscheidung gab die Firma dann eine offizielle Pressemitteilung heraus, in der sie verkündete, dass ihre Software nun auch Kopierschutzmechanismen enthalte. Kritiker wurden gleich darauf hingewiesen, dass man DRM nur auf Druck der Rechteinhaber unterstützte - Hollywood zwinge halt dazu. Tja, außerhalb des Kinos lassen sich Gut und Böse eben nicht so einfach auseinander halten ...

Nico Jurran
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Denkt mal ein wenig drüber nach....