Eine der überraschendsten Neuentdeckungen für mich im ersten Halbjahr war das Debütalbum You're Welcome von
Cokie the Clown. Diejenigen, die sich mit Punk besser auskennen, als ich, werden bei diesem Namen sicher hellhörig, und tatsächlich handelt es sich hier nicht einfach nur um einen kleinen Querverweis zur gleichnamigen EP von NOFX, sondern um ein Soloalbum von Fat Mike, der mit diesem alter Ego eine Seite auslebt, die ich ihm so nicht zugetraut hätte.
Mit Punk hat das ganze musikalisch wenig zu tun, genau genommen bis auf den Abschlusstrack eigentlich gar nichts. Akustikgitarren, Streicher und Tasteninstrumente tragen das Album. Und auch gesanglich ist das vollkommen bewusst schwere Kost. Schmerzerfüllt, leidend, durch und durch unperfekt singt, ach was, klagt Cokie. Und es passt perfekt zu den Geschichten, die er erzählt. Und genau die machen die Faszination des Albums für mich aus. Das Wort "Seelenstriptease" hat eine furchtbare Klangästhetik und ist sowieso komplett überstrapaziert, aber wenn es jemals gepasst hat, dann hier. Von der Nacht, in der er seine Frau halb ertrunken mit einer Überdosis in der Badewanne gefunden hat, über den Suizid seines Mitbewohners, bei dem er emotional viel zu verkrüppelt war, um was dabei zu fühlen, bis zu dem Tag, an dem er seiner Mutter den Wunsch nach Sterbehilfe erfüllt hat, wird jedes Feelgood-Thema aus Mikes Biographie aufgegriffen und schonungslos ehrlich benannt. Und am wenigsten schont er dabei sich selbst.
Das Album hat mich beim ersten unbedarften Hören komplett überfahren. Mir war nach Negative Reel zwar klar, dass das kein Gute Laune Album werden würde, aber mit so einer Intensität hätte ich nie gerechnet.